Summer in the City

Summer in the City

Summer in the City

Nach einer erneuten Woche Ferien (schon wieder, ich weiss) in Malta („Wo ist der Bericht?“ fragt ihr euch, und ich mich auch) sind noch ein paar Moneten übrig und ich beschliesse, diese in der Schweiz auszugeben, wo ich ja schon lange mal hinwollte.

Von anderen Reisenden habe ich erfahren, dass man dieses kleine Land in der Mitte Europas locker in 2 Tagen „erledigen“ könne; es reichten nämlich 2 Tage Zürich, um einen vollständigen Eindruck von Käse, Schokolade, Uhren und Banken zu erhalten (weshalb ich auch gar nicht mehr eingeplant habe). Was die Restschweiz betrifft, so halte ich mich an den Lieblingsausspruch meines Transatlantik-Skippers: „Why bother to stop (t)here? There’s nothing to see!“; womit er natürlich immer vollkommen richtig lag, ich schwör’s, beim Barte vom SVP-Zottel) .

Ich fliege also mit meiner Ferienbekanntschaft (im folgenden „D.“ genannt) am 3. Juli mit Air Malta zurück in die  CH. Das ist sehr praktisch, denn D. hat mir gleich ihre Couch (zwecks Übernachtung) angeboten, was ich natürlich nicht ablehnen konnte. Auch wohnt sie in einem sehr trendigen Viertel, nahe dem Zentrum und der Limmat, und hat sich zudem bereit erklärt, mir ihr Vélo (= Fahrhrad, für unsere deutschsprachigen Leser) zu leihen, womit ich enorm viel Zeit und teures Geld sparen kann. Alles super Gründe, bei ihr zu Hause einzuchecken anstatt im Zürich Backpackers oder in der Zürcher Jugendherberge, wie ich das zuerst geplant hatte!

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Züri West

Und „so möchemrs“, nach einem fantastischen Flug über die wolkenlosen Alpen (und munterem Ratespiel „Was ist was? Was ist wo? Wer ist wie? Wem ist wen?“) landen wir am späten Nachmittag im Ex-Unique-Airport und ich darf schon mal mein Portemonnaie zücken und knapp 7 Fränkli in die Billetmaschine einwerfen, weil ich a) erwachsen und b) ohne Abo und c) bis Wipkingen fahren will. 15 Minuten später stehen wir in D’s Wohnung, c’est fantastique, wenn ich eine Wohnung in Zürich hätte, dann müsste sie genau so aussehen! Wir beschliessen den Abend mit einem Bierchen/Gespritzten und bombastischen „Pommes Alumettes“ als Apéritif im kürzlich eröffneten „Chez les Amis“ (oder so ähnlich) an der Nordstrasse und werfen im Anschluss noch eine Flying Pizza als Znacht hinterher (Wahlspruch: „Lokales Gewerbe unterstützen!“).

Am nächsten Tag muss D. zur Arbeit, aber sie überlässt mir freundlicherweise einen Schlüssel zur Wohnung. Diese Couchsurfing-Hosts sind oft wirklich extrem freundlich und hilfsbereit, das muss hier einfach wieder einmal gesagt werden!

Mit dem von ihr geliehenen Radl widme ich den Montagnachmittag einer Velotour durch Züri West, dem schon nicht mehr so neuen, aber immer noch recht hippen Viertel Zürichs. Wie sich zeigt, gibt es hier auch viele junge Familien, z.B. diejenige von T., J. und L., die sich erst kürzlich eine Wohnung in einem der begehrten „Limmatwest„-Häusern gesichert haben. Spontan werde ich von J., die gerade mit ihrem Jüngsten einen Spaziergang am Fluss macht, zu einem Tee (oder war es Sirup?) in ihrer Wohnung eingeladen und lerne so noch weitere Einheimische kennen. Wir unterhalten uns sehr gut, man könnte meinen wir kennten uns schon jahrelang. Wenn nur der Kleine nicht ständig auf den Boden pissen würde! Aber egal, das machen die jungen Zürcher wohl einfach so.

Unterwegs probiere ich auch ein Glas „Rivella„, das schweizerische Nationalgetränk auf Milchsäurebasis, welches (der Legende nach) vor allem von Sportlern getrunken wird, und das, eisgekühlt, wirklich hervorragend schmeckt.

Den Rest meiner Zeit in Zürich (vor dem Weiterflug nach Mauritius) verbringe ich völlig unspektakulär. Ich …

  • … diniere mit meiner Schwester (die zufälligerweise ebenfalls für kurze Zeit in der Schweiz weilt) im weltberühmten Vegirestaurant „Hiltl“ und überesse mich so krass, wie schon seit 5 Monaten nicht mehr.
  • … absolviere einen nächtlichen Spaziergang entlang der Limmat und mitten durch Zürich (wie schön, dass man hier auch noch um 23.30 problemlos alleine oder zu zweit durch die spärlich beleuchteten Gassen der Innenstadt spazieren kann!)
  • … packe mein Hab-und-Gut von einem 50lt-Seesack in einen 35lt-Rucksack um. Aaah, das trägt sich doch viel angenehmer! Die Seglerklamotten und all den anderen Kram, den ich nie gebraucht habe, lasse ich diskret bei D. zurück.
  • … verbringe zusammen mit meiner Gastgeberin einen gemütlichen (mehr oder weniger windstillen) Nachmittag auf einem Segelboot auf dem Zürichsee. Das Boot ist in einem top Zustand (scheinbar recht neu, aber mit komischem Namen) und gehört ihrem Freund und einigen seiner Kumpels. Nach zwei Wochen Bootsabstinenz stelle ich fest, dass ich Wenden und Halsen immer noch beherrsche, yeah! Auch D. geniesst den hochsommerlichen Ausflug sichtlich (Baden im See und Glace schlecken inklusive).
  • … helfe am letzten Abend noch, eine spontane Gartenparty zu veranstalten, wo ich noch viele nette, coole und interessante Leute treffe! Natürlich muss ich den ganzen Abend pausenlos von meinen Abenteuern erzählen und wünschte, ich hätte diesen Blog ausführlicher geführt!
Cremeschnitten unterwegs

Zürisee by Night (Vorsicht: Crèmeschnitten)

Und so, nach nur 2 1/2 Tagen Schweizerland besteige ich bereits wieder einen Flieger Richtung Frankfurt/Mauritius und bereue es fast ein bisschen, nicht doch noch ein bisschen länger geblieben zu sein. Aber ehrlich gesagt: So erging es mir ja bisher fast immer, wenn ich ein bereistes Land verliess, egal wie lange ich dort war…

Wie sagt man doch so schön unter Weltreisenden: Das ist doch ein Grund, um früher oder später zurückzukehren (und das verpasste nachzuholen)!

Jazz am Strand und Teer im See

Nach zwei sehr erholsamen Wochen in Panamá fliege ich am 26. April nach Trinidad weiter. Ich weiss zwar zu diesem Zeitpunkt (leider) schon, dass meine Überfahrt nach Europa abgesoffen ist, beschliesse aber trotzdem, mir die Karibik noch etwas näher anzuschauen. Den Flug hatte ich sowieso schon gebucht, also was solls…

Trinidad

Als ich in Trinidad lande, gibt es schon mal erste Hürden zu überwinden: Da ich kein Weiterflugticket habe (ich weiss schlichtweg nicht, wohin die Reise weitergehen wird, das hängt alles von allfälligen Kontakten mit Skippern ab), werde ich von zwei Immigrationsbeamten erst mal tüchtig in die Mangel genommen und ausgefragt über alle meine Pläne für die nähere Zukunft. Ich muss alle meine Geldkärtchen präsentieren (dass ich nur $9 in bar auf mir trage, hilft nicht wirklich), Beruf und Arbeitgeber angeben (wenn man’s genau nimmt, habe ich natürlich keinen), wie lange ich schon arbeite, Auskunft über meinen Job erteilen (die Immigration in Trinidad ist nun also über BPM bestens im Bilde und weiss auch, wie sie einen geeigneten Prozess implementieren könnte) usw. usf. bis ich schlussendlich widerwillig eine 10-tägige Aufenthaltsbewilligung in den Pass gestempelt bekomme. Uff, geschafft.

Danach miete ich ein Auto, einen abgewrackten Toyota Yaris für nur $50 pro Tag, was für ein Schnäppchen (was verschwindet da langsam am Horizont? Ah ja, mein Tagesbudget). Wo doch der Autovermieter nebendran Autos für $25 pro Tag im Angebot hätte, nur leider alle ausverkauft, seit 5 Minuten. Hätte ich nur mit weniger Herzblut die Immigrationsbeamten in die Geheimnisse von Business Process Management eingeweiht. Ich setze mich also in meinen Schlitten und rausche auf die Autobahn Richtung Port-of-Spain. In der Hauptstadt suche ich dann die „Regent Gardens“, wo ich – Couchsurfing sei Dank! – eine Übernachtungsgelegenheit für 2 Nächte organisieren konnte. Google Maps konnte Regent Gardens leider nicht finden, darum fahre ich zum „Regent Lane“ im Quartier Belmont. Nanu? Irgendwie wirkt hier alles so heruntergekommen und mein Gastgeber sagte was von Pool? Hmm… Während ich also so forschend durch die nächtlichen Strassen wandle auf der Suche nach der korrekten Hausnummer, spricht mich eine junge Frau an und fragt mich, was meine Absichten seien. Nach einer kurzen Erklärung meinerseits meint sie lakonisch, dass ich hier sicher am falschen Ort sei und dass es überhaupt besser wäre, wenn ich meinen (weissen) Arsch hier nicht zu dieser Stunde spazierenführen würde (sie sagt es extrem anständig und mit deutlich wahrnehmbarer Besorgnis in der Stimme). Ich schaue mich näher um, sehe plötzlich überdeutlich all die schäbigen Häuser und alle die herumlungernden Typen, die mich seit 5 Minuten anstarren und alle meine Bewegungen verfolgen. Ich danke ich ihr herzlich für den tollen Ratschlag und mache mich aus dem Staub.

Doch inzwischen ist es 20:30 (ich habe mich auf ca. 19 Uhr angemeldet) und ich habe immer noch keine Ahnung, wo mein Gastgeber wohnt. Fieberhaft suche ich ein öffentliches Telefon, und finde sofort eins, nur leider ist es genau so kaputt wie alle anderen, die ich entdecke. Langsam etwas entnervt, schaffe ich das Kunststück, als Geisterfahrer in den dreispurigen Highway einzubiegen (in Trinidad herrscht übrigens Linksverkehr). Wie das möglich ist? Na ja, in Trinidad gibt’s auch auf der Autobahn Ampeln und so stoppt ca. alle 5 Minuten der Verkehr komplett. In so einer Situation komme ich zur Einfahrt und sehe weit und breit kein Auto, worauf ich die fatale Fehlentscheidung traf, nach rechts abzubiegen. 2 Minuten später kommen mir ca. 100 Autos mit 80km/h entgegen. Ich lasse das wohl nicht ganz unberechtigte laute Gehupe über mich ergehen, halb im Strassengraben parkiert, und kann 5 Minuten später, während der nächsten Rotphase, problemlos wenden. Das ist der Vorteil von 3-spurbreiten Strassen!

Endlich leiht mir jemand sein Handy, und ich kann Burcin anrufen und einen Treffpunkt vereinbaren. Es geht schon gegen 22 Uhr, als wir endlich bei ihm zu Hause ankommen. Burcin ist Türke, arbeitet seit rund 20 Jahren für eine türkische Casinogesellschaft und hat in dieser Zeit so ziemlich überall auf der Welt gewohnt und Casinos betreut. Er wohnt zusammen mit Bulent, einem weiteren Casinoangestellten, in einer teuren Wohnung unweit vom Meer, mit Pool, Security am Eingang, eigenem Fahrer, usw. Alles vom Arbeitgeber bezahlt. Das Quartier ist ganz klar am anderen Ende der Wohlstandsskala im Vergleich zu Belmont, in etwa Züriberg vs. Sihlquai. Die beiden Männer beschämen mich sogleich mit ihrer fantastischen Gastfreundschaft: Burcin zieht sofort aus, um auf dem Sofa zu schlafen und überlässt mir sein Doppelbett. Dann gehen wir aus, und auch diese Rechnung übernehmen meine Gastgeber. Ich darf ihre privaten Laptops nutzen soviel und sooft ich will. Ich kriege einen eigenen Hausschlüssel und kann kommen und gehen wie ich will. Wie soll ich mich da nur revanchieren?

Dennoch bin ich schon bald im Clinch: Die beiden Herren sind, natürlich, auf Grund ihres verhältnismässigen Reichtums, extrem vorsichtig und immer auf der Hut, wenn sie in Trinidad unterwegs sind. Gemäss ihren Aussagen ist es praktisch unmöglich, sich alleine irgendwo in Port-of-Spain und auch in vielen Teilen von Trinidad fortzubewegen. Als Beweis für ihre Vorsicht, erzählen sie mir nüchtern, wie sie bereits einige Male ausgeraubt wurden und auch von ihren Freunden und Bekanntschaften, die dasselbe erlebt haben. Wie verträgt sich das nun mit der Freundlichkeit der Trinidader, die ich bis jetzt erlebt habe? Es ist wie ein Fluch: In den folgenden Tagen merke ich, dass ich, durch diese Berichte beeinflusst, anfange übervorsichtig zu werden und alle Einheimischen plötzlich als potentielle Gefahr wahrnehme, ohne dass ich das eigentlich will. Ich gehe weniger auf Leute zu, überlege mir, ob ich auf einem etwas abgelegenen Parkplatz parkieren soll, ob ich eine bestimmte Strasse entlanggehen soll, ob ich es mir leisten kann, am Strassenrand auf ein Sammeltaxi zu warten, usw. Das gefällt mir gar nicht und geht mir an die Nieren. Ich frage mich, wie es gewesen wäre, wenn mein Couchsurfing-Gastgeber ein Trinidader gewesen und ich in einem ganz normalen Quartier untergekommen wäre?

Desktophintergrund, hochformat

Wer braucht noch einen Desktophintergrund?

Während 2 Tagen erkunde ich mit dem Auto die Insel. Am ersten Tag mache ich einen sehr schönen Ausflug durch den bergigen Norden, esse (mit schlechtem Gewissen) Bake’n’Shark (fritiertes Brot mit fritierten Haistücken darin, die kulinarische Spezialität Trinidads), geniesse die Aussicht entlang der hügligen Küste, umkurve behende die zahllosen riesigen Schlaglöcher in den Strassen und hole auf den engen und teilweise steilen Strassen das letzte aus dem Yaris raus (und sehne mich nach einer manuellen Gangschaltung). Durch den dicken Nebelwald fahre ich, fast ohne einem anderen Auto zu begegnen, über die Berge zurück nach Port-of-Spain.

Die Nordküste von Trinidad

Trinidad, Nordküste

Am zweiten Tag fahre ich ganz in den Süden, um mir den „Pitch Lake„, einen natürlichen Asphaltsee, anzuschauen. Es gibt nur 3 von diesen Seen weltweit, und der Asphalt von Trinidad war (und ist wohl immer noch) weltberühmt. Die frühen Seefahrer waren des Lobes voll über die schwarze Masse, die sie zum abdichten ihrer Schiffe benutzten. Später dann, als der industrielle Abbau des Asphalts bereits in vollem Gang war, wurde das Material bis nach Ostdeutschland geschafft, wo es u.a. im Autobahnbau verwendet wurde. Auch heute noch wird fleissig Asphalt abgeschöpft und in alle Welt verschifft. Man kann den See zu Fuss begehen und mit einem Guide darüberwandern. Ab und zu sieht man Baumstämme, die aus der Tiefe und Vergangenheit an die Oberfläche gelangen, wie auch schon ganze Skelette von Urgetieren und -pflanzen.

Am Ende des 2. Tags reicht es mir aber mit Trinidad. Einerseits habe ich das Gefühl, schon alles sehenswerte gesehen zu haben, andererseits fühle ich mich aus oben genannten Gründen nicht sehr wohl. Darüberhinaus habe ich kein Auto mehr, meine Zeit bei Burcin und Bulent läuft aus, und der ÖV ist vollig unpraktisch. Instantan vermisse ich Zentralamerika, mit seinen einfachen und günstigen Unterkünften und den exzellenten Fortbewegungsmöglichkeiten. In dieser Stimmung, mit einem Carib in der einen Hand und einem Double in der anderen, fällt mein Blick auf eine Anzeige für das Tobago Jazz Festival, welches zu diesem Zeitpunkt bereits stattfindet, aber zum Glück noch für weitere 3 Tage andauert. Tagsdrauf sitze ich bereits in der Fähre nach Scarborough und habe unterwegs, mitten zwischen kotzenden Passagieren und einer superlauten Darbietung des ersten Harry Potter Films auf allen Bildschirmen, sogar noch Zeit für ein Hochzeitstelefon auf den Gurten.

Tobago

In Tobago richte ich mich in einem Guest House in Crown Point ein und fühle mich sofort viel besser. Hier ist alles nahe beieinander und mit dem gemieteten Velo kann ich problemlos die nähere und weitere Umgebung erkunden. Der Flughafen liegt mitten im Ort: gehsch du kurz Milch einkaufe, so läufsch am Flughafe vorbei, eingequetscht zwischen Rotistand und Autovermietung. In Tobago gibt’s, im Gegensatz zu Trinidad, praktisch keine Kriminalität, die ganze Insel ist ein Dorf. Man kann sich am Strand ein Bierchen oder einen Drink genehmigen und den Sonnenuntergang bestaunen und auch spätabends, nach einem Znacht auswärts, zu Fuss nach Hause schlendern.

Im Guest House sind wir nur zwei Gäste, neben mir auch noch Tom, ein etwas älterer Amerikaner aus Florida, der für American Airlines arbeitet und ein riesen Jazzfan ist. Seit Jahren fliegt er in die Karibik, um auf den verschiedensten Inseln Jazzfestivals zu besuchen, was er sich, dank seines Jobs, auch gut leisten kann. In seiner Sporttasche hat er immer einen CD-Player und 2 Boxen dabei, damit kann er sich an einem Strand seiner Wahl niederlassen und sich in aller Gemütlichkeit, mit einem Cuba Libre in der Hand, von Miles Davis oder sonstwem beschallen lassen. Das finde ich ein super Konzept! Gleich am 2. Tag nach meiner Ankunft besuche ich mit Tom ein Gratiskonzert am Strand. Etwa 8 Gruppen treten auf, den Höhepunkt bildet der Auftritt von Arturo Tappin, einem barbudischen (barbudesischen?) Saxophonisten. Der Strand überläuft vor Leuten, alle haben eine riesige Kühltruhe dabei, die mit Rum, Cola, Bier, Limetten und Eis gefüllt ist (man stelle sich das mal an einem unserer Festivals vor). Trotz des enormen Alkoholkonsums bereits um 11 Uhr morgens bleibt die Stimmung sehr locker und friedlich, alles schwingt Hüften und Hintern, und es scheint mir, dass je grösser der Hüftumfang einer Frau, desto krasser die Schwünge und der Groove. Zwischen zwei Darbietungen strömt die Menge, ohne Bierflaschen oder Drinkgläser aus der Hand zu geben, ins brusttiefe Wasser, wo dicht an dicht weitergeplaudert und -gefeiert wird. Coole Sache!

Nach diesem bereits sehr tollen Tagesanfang, mache ich mit meinem Velo noch einen Ausflug nach Plymouth im Norden. Auf der Rückfahrt, es ist bereits dunkel, lege ich einen Zwischenhalt am Strand von Black Rock ein. Grund dafür ist, dass im Moment die Nistsaison der riesigen Lederschildkröten ist, und dieser Strand eines ihrer bevorzugten Legegebiete ist. Ich laufe den Strand hinunter und wieder hoch und halte Ausschau, was in der stockdunklen Nacht nicht ganz so einfach ist. Während sich meine Augen auf der Suche nach einer autoreifengrossen Schildkröte über den Strand bewegen, sehe ich die Spuren eines 4-Wheelers rechtwinklig zum Strand, und ich frage mich, welcher Hirni denn hier mit diesem Gefährt ins Wasser gefahren ist. Doch bald realisiere ich: Es war kein 4-Wheeler, sondern eine beschilderte Kröte, die hier den Strand hochgekrochen ist und dabei diese enormen Spuren hinterliess. Ich folge den Spuren ein wenig landinwärts, gleich nach der Strandkuppe liegt die total erschöpfte Schildkröte, die deutlich grösser ist als ein Autoreifen, sie hat eher die Grösse eines kleinen Kühlschranks! Es steht bereits eine Familie dort, die dem Tier zuschaut wie es schwerfällig mit seinen riesigen Flossen ein Loch gräbt. Dabei hält das Reptil immer wieder inne und lässt einen Seufzer oder ein Röhren hören (das reimt!). Kurz, es wird klar, wie Scheiss-anstrengend und mühsam diese Eierlegerei mit allem drum und dran sein muss (wenn man eine Lederschildkröte ist). Nach einer guten Stunde schaufelt Mme. Leatherback ihr Loch wieder zu und quält sich Stück für Stück zurück, den Strand hinunter, Richtung Ozean. Kaum von der ersten Welle erreicht, ist der riesige Panzer auch schon abgetaucht und verschwunden. Was bleibt, ist eine zwanzigmetrige 4-Wheelerspur am Strand. Natürlich laufen wir sofort zurück zum Ort des Geschehens, graben die Eier aus und braten uns einen Haufen toller Spiegeleier. Mmh, die Natur hat es wirklich gut mit uns gemeint!

Doch damit ist dieser grossartige Tag noch nicht zu Ende: Als ich um ca. 23 Uhr zurück ins Guest House komme, treffe ich Tom, der mir 2 Tickets für das grosse Abschlusskonzert am nächsten Abend entgegenstreckt. „Complementary“, sagt er, er habe die Tickets umsonst durch eine Bekanntschaft organisieren können. Warum habe ich heute nicht Lotto gespielt?

Das Konzert am nächsten Tag dauert von 4 bis 21 Uhr (diesmal nur in der Nähe des Strands). Tom und ich haben beste Sitze gleich vor der Bühne und natürlich haben wir heute auch eine Kühlbox mit den nötigen Zutaten dabei… Der Hauptact, Randy Crawford & Joe Sample, waren echt die Reise wert und ein toller Abschluss für meine Zeit in Trinidad & Tobago (man soll gehen, wenn’s am besten ist). Wenn ich wieder komme, dann definitiv nur noch nach Tobago. Hier hätte es noch viel zu sehen gegeben, insbesondere auch tolle Tauchspots im Norden…

Am nächsten Morgen (2. Mai) fliege ich für $24 (soviel hätte das Taxi von Port-of-Spain an den Flughafen gekostet!) zurück nach Trinidad und von da aus weiter nach St. Maarten (auch diesmal ohne Weiterflugticket, aber das ist eine andere Geschichte).

PS1: Leider habe ich – ausser den paar wenigen Bildern von Trinidad – absolut keine Bilder von diesem Aufenthalt, weil meine Kamera den Geist aufgegeben hat. Muss mir wohl eine neue kaufen…

PS2: Trotz Kameraausfall hat es hat neue Bilder in der Da Pix Abteilung gegeben!