India, oh, India

Im Moment befinde ich mich im berüchtigten – einst von Portugiesen besiedelten und heutzutage vielfach von Russen dominierten – Goa [1] und erhole mich gerade von zwei intensiven Reisewochen mit Dominique im Süden Indiens (Bericht der Gastautorin ist in Vorbereitung).

Es chuelet am Strand

Während ich aus sicherer Entfernung in einer schattigen Chill-Out Bar etwas angewiedert meinen Blick über die am Strand angehäuften westlichen Fleischberge schweifen lasse (kaum Inder in Sicht), überlege ich, ob es sich lohnt, meine Ohrstöpsel zu holen, um das omnipräsente mit der Lautstärke einer Betonfräse dröhnende Gewummer elektronischer Trance-Musik etwas zu dämpfen. Die aufmerksame Leserin ahnt es: Wer nur in Goa war, hat nachher von Indien etwa soviel Ahnung, wie ein Besucher der Indoor Skiing Anlage in Dubai von den Vereinigten Arabischen Emiraten [2][3]. Aber ich will ja sowieso nicht von Hippies und Hilfsapothekern erzählen (das habe ich schon im Belizebericht erledigt), sondern meine bisherigen Eindrücke vom Subkontinent schildern. Deshalb lasse ich Goa Goa sein (ohne den Mojito und die Taco-con-Salsa Chips aus den Händen zu geben; wenn schon Goa-Tourist, dann grad richtig) und drehe das Rad der Zeit mal zurück auf Anfang Januar…

Nachdem der erste Versuch in Hong Kong fehlschlug, erhalte ich im zweiten Anlauf in Bangkok, nach ’nur‘ 7 Tagen Wartezeit, endlich mein indisches Visa. Nur einen Tag später (Poker!) jette ich bereits mit AirAsia nach Kolkata (a.k.a. Calcutta).

Wenn das Zwiebelkörbchen nicht mehr ausreicht

Man hatte mich ja vor Indien gewarnt: Dreck, Armut, Menschenmassen, chaotischer Verkehr – jaja, alles wahr, aber… Auch in Mittelamerika schmeissen die Leute ihren Abfall einfach auf die Strasse oder aus dem Busfenster. Armut, Elend und Auf-dem-Trottoir-Übernachtende sieht man auch auf der Berner Blutturmtreppe. Viele Leute auf wenig Platz gab’s auch an einigen anderen Orten in Asien zu sehen. Und was den chaotischen Verkehr betrifft, so ist Vietnam meiner Meinung nach immer noch Weltmeister. Alles schon dagewesen! Lauter alte Hüte! Worin unterscheidet sich also Indien überhaupt vom bisher erfahrenen Rest der Welt?

Bringt Glück und Erfolg: Ganesh

Die Antwort fällt mir nicht leicht, weil sie nicht sehr schmeichelhaft ist. Doch die letzten paar Monate im perfekt durchorganisierten fernen Osten und die vorangegangene Woche im freundlichen und angenehm zurückhaltenden Bangkok haben mich etwas verwöhnt und ich merke bald, dass ich gewisse Annehmlichkeiten im täglichen Reiseleben (das heisst, in Indien) vermisse: Restaurants oder Cafés, die zum Verweilen einladen. Zugbillete, die man 5 min vor der Abreise kaufen kann. Taxis und Rickschas, die ungefragt den Zähler verwenden und damit jegliche Fahrpreisdiskussion überflüssig machen. Ehrliche Händler und Verkäufer. Effizienz. Freundlichkeit. Höflichkeit. Wo, wo, wo? Indien ist eine riesige Dienstleistungswüste mit einigen wenigen, gut verborgenen Oasen. Dabei ist es nicht mal eine Frage des Geldes: Wer glaubt, dreifach mehr zu bezahlen (d.h. Mittel- bis Oberklassepreise), garantiere für ein Lächeln an der Hotelrezeption oder zuvorkommende Bedienung im Restaurant, der sieht sich in aller Regel öfter enttäuscht als bestätigt.

Welcher Ausdruck passt nicht in die Reihe?

Klingt das ein wenig deprimiert? Nun, das bin ich auch. Bisweilen. Doch zum Glück gibt es Lichtblicke: Obiges gilt nämlich primär für den Kontakt mit dem ‚offiziellen‘ Indien. Sobald man Leute privat kennen lernt, hat man’s oft sprichwörtlich mit einem umgekehrten Handschuh zu tun. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass ich Indien nicht schon vorzeitig den Rücken zugekehrt habe. Ich hatte nämlich ein paar tolle Begegnungen: Dank Couchsurfing wurde ich von Avik in Kalkutta zum Essen eingeladen; im Zug nach Darjeeling machte ich Bekanntschaft mit Biswarup, der kurz darauf zum Engel mutierte, meine liegengelassene Kamera/Kindle sicherstellte und mir diese einige Tage später bei einem Bier wieder übergab; in Puri gab’s von Sorbeswar, nachdem er meinen Platten am Velo geflickt hatte, eine spontane Einladung zum Sonntags-Picknick (was zwar meinen Magen einige Tage lang durcheinanderbrachte, aber trotzdem in guter Erinnerung bleibt); und schliesslich konnte ich in Bangalore vier Tage lang die erstklassige Gastfreundschaft von Smitha, einer Ex-Doktorandin an der ETH, und ihrer Familie geniessen. Auch Homestays (mehr oder weniger privat geführte Bed&Breakfast) können eine Quelle unvergesslicher Bekanntschaften sein: Dil Se, ein von Chandra Bose mit grösster Herzlichkeit geführtes Waisenhaus in Madurai, war eine solche Perle; ebenso Keralite in Alleppey, ein Kolonialhaus im Besitz der äusserst charmanten älteren US-Inderin Alice Thomas, die aussedem ein fantastisches Kerala-Frühstück zuzubereiten weiss.

Zwei mehr würden schon noch reinpassen

Wie dem auch sei, positiv oder nicht, die bisherigen zwei Monate sind jedenfalls nicht spurlos an mir vorbei gegangen. Ich habe mich schon ganz gut assimiliert: Ich esse zu 90% mit den Fingern und trinke problemlos vom offenen Wasser, das auf dem Tisch steht, sowie frisch gebrühten Chai aus Gläsern, die zum letzten mal vorgestern in einer Pfütze auf der Strasse gewaschen wurden; ich trage seit dem Tag meiner Ankunft in Kalkutta nur noch Hemden und denke, trotz grösster Hitze, nicht im Traum daran, in Shorts herumzulaufen; ich kommuniziere nonverbal durch seitliches Nicken oder Kopfwiegen, um je nachdem „ja“, „nein“, „vielleicht“ oder „weiss es nicht“ auszudrücken; ich fahre problemlos im turbulentesten Stadtverkehr mit einem Scooter von A nach B, unter äusserst freimütiger Betätigung der Hupe; und anstatt „Could I please get a Lemon Soda, if it’s not too much trouble?“ belle ich einfach „Lemon Soda“ und knalle dazu die Kohle auf die Theke. Trotzdem wird mir immer noch regelmässig alle Ware zum Foreigner-Price angeboten (30-200% teurer) – woran merken die $*#?! Verkäufer und Riksha-Fahrer bloss, dass ich nicht Inder bin?

Ok, nun habe ich wieder mal ellenlang über dies und das geschnorrt und gelästert ohne auch nur ein Wort über den eigentlichen Reiseverlauf zu verlieren. Ich hole das deshalb gleich noch im Eiltempo nach und verweise im brigen auf den Link tatsächliche Route oben rechts irgendwo. Mittels eines beherzten Klicks auf diesen wird – schwuppdiwupp! – eine Karte geöffnet, die anzeigt, wo all diese Orte mit mehr oder weniger aussprechlichen Namen liegen.

Hemden bügeln leicht gemacht

Kalkutta. Highlight war die Ganztagestour durch die Stadt auf dem Töff; vorbei an 20m hohen Abfallbergen vor den Stadttoren, an gemütlich vor sich hinbrutzelnden Leichen auf brennenden Scheiterhaufen, an mit-einem-Schwertschlag-ist-der-Kopf-ab geopferten Ziegen im Kaligat-Tempel, usw. Kalkutta ist eine tolle Stadt, hier kann man unter anderem für 2 Rupien Chai aus fingerhutgrossen Tässchen aus gebranntem Ton trinken, die nach dem Genuss des Inhalts, ohne die Umwelt zu belasten, an die nächste Wand geschmettert oder mittels Zielwurf in den nächsten Gully geworfen werden können.

Darjeeling. Eine 3-tägige Trekkingtour entlang der nepalesischen Grenze, abwechselnd mit wildem Schneegestöber und erstklassiger Aussicht auf den Himalaya, erlaubt es mir trotz Single-Entry Visa doch noch ein paar Schritte in Nepal zu tun. Ich dachte immer, dass ich relativ unempfindlich bin gegen Kälte, aber gegen die Nordinder und Nepalesen bin ich ein Weichei. Heizungen sind hier total verpönt, genauso wie geschlossene Schuhe. Sandalen kann man problemlos auch bei Minusgraden tragen! Fenster und Türen schliessen? Wozu auch, es wird ja eh‘ nicht geheizt!

So ging's früher ab in Indien

Puri. Hier paaren sich am Konark-Sonnentempel seit jahrtausenden unzählige in den Stein gehauene Männlein und Weiblein in freizügigen Posen. Ansonsten gibt es noch einen tollen Strand für People-Watching, einen riesigen Hindutempel (für Nicht-Hindus ist der Eintritt verboten), ein weiteres Open-Air Krematorium (gleich am Strand, wo man 50m weiter drüben auch gegrillten Fisch haben kann) und das beste Hotel, in dem ich bisher in Indien übernachtet habe.

In Hyderabad wurde die Minarettinitiative offensichtlich abgelehnt

Hyderabad. Indiens Muslim-Hauptstadt hat einen künstlichen See, auf dem man vermutlich auch Segeln könnte, wenn der Segelclub seine eigene Anzeige kennen würde. Da dies aber nicht der Fall ist, pilgert unsereins vergeblich dahin. Item, es gibt ausserdem ja noch ein paar tolle Minarette und Moscheen zu besichtigen, sowie ein eindrückliches Fort ein paar Kilometer ausserhalb der Stadt (wo man sich im Labyrinth der Mauern, Bauwerke und Gänge leicht verlaufen kann und den Ausgang dann nicht mehr auf Anhieb findet).

Zwar nicht Tirupati, aber auch ziemlich gross

Tirupati. Hier gabs eine dreistündige Pilgerwanderung den Berg hinauf, mit anschliessendem dreistündigen Expo-2002-mässigem Anstehen, um einen 10-Sekundenblick auf den reichsten Gott im Hindu-Glaubensuniversum zu erhaschen. Mit mir dabei: ein paar tausend weitere Pilger, die aber – im Gegensatz zu mir – an den Gott glauben, der hier zu Hause sein soll. Das zeigt sich auch an den gespendeten Beträgen: Die ins Hundi geworfene Rupienbündel sind teilweise so dick, dass man sie mit einer Hand nicht mehr umfassen kann. Beim Verlassen des Tempels kann man durch eine Glassscheibe den Angestellten des Tempels beim Geldzählen zuschauen und kommt sich dabei vor, wie im Tresor der Nationalbank!

Am Granittempel: Gruppenbild mit Damen

Mamallapuram. Besuch von unzähligen aus einem einzigen Granitblock gehauenen Tempeln, die allerdings in der Masse der mit Pluderhosen und Aladdin-Spiegelpaillettengilets bekleideten westlichen Backpacker kaum auszumachen sind. Auch sehr beliebt bei indischen Touristen, die sich beim Posieren vor, in und auf den Steinmonumenten gegenseitig zu überbieten versuchen. Der ganze Ort ist voll mit Steinmetz-Ateliers, in denen pausenlos Granit und Basalt gefräst, geklopft, gemeisselt und geschmirgelt wird. Wer noch eine zwei Meter grossen fetten Ganesh oder tanzenden Shiva für den Gartensitzplatz sucht: Here’s the place to go.

La France en Inde

Pondicherry. Oh Pondicherry! Comme je t’aime!

Ein architektonisches Juwel am Kap

Kanyakumari. Das Kap Indiens, wo – laut Werbung – drei Meere aufeinandertreffen, die jedoch von blossem Auge überhaupt nicht zu unterscheiden sind! Ich will mein Geld zurück! Es gibt auch sonst nicht sehr viel zu sehen hier, so dass ich nach weniger als 24 Stunden Aufenthalt schon wieder abgereist bin.

Götter-Flössen bei Vollmond

Madurai. In Madurai fand gerade das jährliche Teppam-Festival statt: Die Götter Shiva und Meenakshi werden auf einem goldenen Rössle aus ihrem Tempel zum 5 km weit entfernten Teich gekarrt, worauf dieselbigen dann, mit Hilfe von Muskelkraft aus dem Publikum, auf einem grossen Floss mehrfach um einen Inseltempel herum gezerrt werden, bevor es, auf bereits erwähntem Gaul, wieder nach Hause geht.

Tiger ahoi

Local Wildlife in Kodaikanal

Kodaikanal. Gemütliche Hillstation auf 2000 M.ü.M., mit guter Aussicht an nebelfreien Tagen und gar keiner Sicht an den anderen, mit angenehmen Temperaturen und einem kleinen See inklusive Mickey-Mouse Pedalos. Perfekt, um ein der langsam aber sicher unerträglich werdenden Hitze in den tiefer liegenden Gegenden Tamil Nadus zu entfliehen und den Tag lesend und faulenzend am Seeufer oder auf einer Parkbank mit Blick über die Hügel der Western Ghats zu verbringen.

Für alle, die "Java 2" verpasst haben: Längst vergriffene Klassiker in Indiens Cyber City

Bangalore. Die IT Hochburg und das Silicon Valley Indiens. Doch ich kam nicht der Computer wegen hierhin, sondern um meine auf Kurzbesuch vorbei gekommene Liebste in die Arme zu schliessen! Doch dazu mehr in einem anderen, späteren & eventuell nie erscheinenden Bericht.

Mit den Kollywood-Stars auf "Du"

Voilà, ich glaube, das reicht für heute. Nur eins noch: Das „Titelbild“ musste ich einfach auswähle. Denn alle reden immer vom „farbenprächtigen Indien“, aber abgesehen von den farbigen Saris und Salwar Kameez der indischen Frauen und dem oben abgebildeten gefärbten Kreide- oder Reispulver, gibt es, meiner Meinung nach, hier nicht wirklich mehr Farben zu sehen als anderswo… Im Gegenteil: Die vorhandenen Farben werden in aller Regel von Rauch, Abgasen, Dunst, Staub und Smog (forme beliebige und/oder-Kombinationen) in ihrer Brillianz ziemlich abgeschwächt. Aber was solls, Bollywood (und seine ebenso fleissigen Brüder Malluwood, Kollywood und Tollywood) machen das in ihren Produktionen wieder wett.

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[1] Lüge, Lüge! Inzwischen bin ich schon in Delhi.

[2] Bei diesem Vergleich ist Vorsicht geboten, denn mittlerweile kann man sogar in Hyderabad, einer durchaus durch-und-durch indischen Stadt, in der Halle Skifahren…

[3] Ok, das stimmt natürlich nicht ganz. Nervige Autorikshaw-Fahrer und regelmässige Stromausfälle gibt es auch hier. Und ‚Café Coffee Day‘, die indische Version von Starbucks (mit 100% indischem Kaffee aus Plantagen in Konzernbesitz).

Menu Exotique

Vor ein paar Tagen haben mich ein paar nepalesische Veggie-Momos dazu gebracht, eine Squat-Toilette mal von näher zu betrachten. Während ich (noch auf den Knien) meinem Zmorge und Zmittag eine gute Reise wünschte (und mir ein Glas frisches Wasser) kam mir spontan die Idee, in einem Blog mal ein bisschen kulinarische Rückschau zu halten und einige bisher verzehrte Delikatessen aufzulisten, die mich (entgegen aller Voraussicht) definitiv nicht zum kotzen brachten.

Die erste Hälfte der Reise (Mexiko bis Madagaskar) stellte sich in dieser Hinsicht leider als absolut langweilig heraus. Die dortigen Essgewohnheiten sind den unsrigen zu ähnlich oder bereits so bekannt und selbstverständlich, dass sie nichts aussergewöhnliches mehr bedeuten. In Madagaskar gab’s zwar ab und zu mal Froschschenkel, aber die sind vermutlich ein Überbleibsel aus französischen Kolonialzeiten und daher schon fast als einheimische Kost zu bezeichnen… Allenfalls kann man in Mada höchstens noch lernen, dass man Fische problemlos auch ganz essen kann (d.h. mit Kopf, was ich aber echt nie geschafft habe, das fiel mir mit Wachteln etwas leichter, doch dazu später).

So richtig spannend wurde es diesbezüglich deshalb erst in Asien.

Südkorea

Eines schönen Abends in Seoul gesellen wir uns spontan in eine Strassenbeiz zu zahlreichen Afterwork-Biertrinkern. Des Koreanischen (noch) nicht mächtig, bestellen wir einfach dasselbe was an den umliegenden Tischen genossen wird. Worauf wir die folgende halbe Stunde damit verbringen, die servierten Snacks zu identifizieren… Kommt’s vom Land oder aus dem Meer? Ganzes Tier oder nur Teile davon? Und falls letzteres: welche? Innere Organe oder Extremitäten? Wir kommen zu keinem abschliessenden Ergebnis, ausser, dass das Ganze nur mässig gut schmeckt und ohne die scharfe Sauce und das beigemischte Grünzeugs nicht wirklich geniessbar wäre. Als wir gehen, lassen wir uns noch aufschreiben, was wir gegessen haben (골뱅이, GolBaengI und 번데기, BeonDeGi). Zurück im Guesthouse fragen wir dann Uncle Google, um Aufklärung. Dasselbe sei dem neugierigen Leser als kleine Aufgabe überlassen.

Koreanischer Snack, der Fragen aufwirft

Eine weitere Besonderheit in Südkorea sind die zahlreichen Cafés, die oft sehr gemütlich, geschmackvoll und mit viel Liebe eingerichtet sind. Dummerweise sind diese alle am Morgen, wenn man den Kaffee am nötigsten hätte, geschlossen. Doch das macht nichts. Wie wir bald herausfinden, trinkt man dort sowieso am besten keinen Kaffee. Die eisgekühlte Macha Latte (Grüntee-Espresso mit Milch) ist einfach zu gut, als dass man stattdessen etwas anderes trinken würde.

Treffen sich zwei Macha Lattes am Strand...

Japan

Wenn man Sushi als japanisches äquivalent zur Pizza sieht, dann macht natürlich der Belag die Musik und nicht der Teig. Die Auswahl an verschiedenen Toppings ist riesig und reicht von Uni (Seeigelrogen) über Anago/Unagi (Meer-, resp. Süsswasseraal) und rohem Tintenfisch bis zu Wachtelspiegeleiern und Wienerwürstli. Wir probieren alles, vorausgesetzt , dass es sich nicht aus eigener Kraft noch vom Reis runterbewegen kann.

Ist das nun Blasphemie?

Zum Zmorge gibt’s des öfteren mal Natto. Diese fermentierten Sojabohnen ziehen dermassen heftig schleimige Fäden, dass dagegen jedes Fondue einpacken kann. Beim Verzehr muss man deshalb mächtig aufpassen, dass man nicht wie die doofen Hobbits bei der Riesenspinne im ‚Herr der Ringe‘ endet.

Die Japaner essen zwar tatsächlich sehr viel Fischiges (sogar in der Berghütte auf 3000 M.ü.M. gibt’s zum Frühstück ein Stück Fisch für jeden). Doch der Legende nach gab es davon früher im Landesinnern nicht genug und die Leute mussten schauen, dass sie anderweitig zu ihren Proteinen kamen. Man geniesst deshalb durchaus auch mal eine Packung caramelisierter Heuschrecken mit einem Asahi-Bierchen vor dem Fernseher. Schmeckt echt gut und ist fast so knusprig wie Zuckermandeln, nur garantiert gesünder! (Ok, ich geb’s zu: Unser Test mit den Heuschrecken als Mitbringsel für Takako, eine japanische Freundin, hat nicht den gewünschten Effekt erzielt. Keine Aahs und Oohs und Judihuis zu hören. Tatsächlich haben wir, äh, ich, die Viecher schlussendlich fast alleine gegessen…)

Feini, zarti, knusprigi, karamelisierti und gsundi Gümper

Taiwan

Taiwan ist offiziell chinesisches Territorium (wenn auch abtrünnig). Die Devise im Hinblick auf’s Essen lautet deshalb wie folgt: Wenn es sich bewegt, dann wird es gegessen, ausgenommen Motorräder. Und das stimmt auch.

Die beste und einfachste Möglichkeit für kulinarische Experimente bieten hier die zahlreichen Nachtmärkte. Dort wird nebst allen Dingen für’s tägliche Leben auch jede Menge Essen angeboten. Das beste dabei: Man muss weder chinesisch sprechen noch chinesisch lesen können. Zeigen oder eigenhändig in ein bereitstehendes Körbchen legen genügt, worauf’s der Koch dann subito zubereitet. Zur Auswahl stehen unter anderem Innereien aller Couleur, Oktopusmünder, Entenhälse und Hühnerfüsse.`

Ein Haufen kalter Füsse

Falls sich nun einige fragen, wie in aller Welt man denn Hühnerfüsse essen soll: Ich hab’s für euch ausprobiert! 1. Gekochten und in würziger Sauce eingelegten Hühnerfuss in den Mund stecken, 2. Weichgekochte Hühnerhaut von den Knochen lutschen, 3. Hautfreie Knochen ausspucken (egal wo man gerade sitzt oder steht). Ganz einfach also, und um einiges besser als man sich vorstellt. Natürlich gilt auch hier das französische Escargot-Gesetz: Die Sauce macht’s.

Ein paar Hühnerfüsschen gefällig?

Brennende Fragen zu den Oktopusmündern kann ich leider nicht beantworten, ich habe sie nämlich nicht ausprobiert, Schande über mich.

Und noch eine Nachtmarktspezialität: Gefüllter Toast

Doch das kulinarische Highlight in Taiwan ist eh‘ nicht das Essen, sondern die Getränke. In diesem Land gibt es, grob geschätzt, alle 30m einen Teeladen. Dort kann man sich aus allen vorstellbaren frischen Fruchtsäften und Grün-, Schwarz- oder Oolongtee als Basis, sowie Milch, Zucker und Eis als weitere Ingredienzien, köstliche Drinks zusammenmixen lassen, von denen einer besser als der andere schmeckt. Der König unter all diesen Getränken ist allerdings unbestritten 珍珠奶茶 (Zhen Shu Nai Cha) oder ‚Bubble/Pearl Milk Tea‘. In seiner einfachsten Form handelt es sich dabei einfach um eisgekühlten Schwarztee mit Milch, doch der Trick sind die gummigen Bällchen aus Maniok-Stärke, die unten in den Becher eingefüllt werden. Damit ein unbehinderter Trinkgenuss möglich ist, wird dazu ein Röhrli mit extragrossem Durchmesser (1 cm) geliefert, was zum Staubsauger-über-Pingpongball-Effekt führt, wenn beim Trinken mal wieder ein Maniokbällchen – Schlonk! – mit hochgesogen wird. Tolles Vergnügen, vor allem am Schluss, wenn kein Tee mehr übrig ist und es nur noch darum geht, die restlichen ‚Bubbles‘ einzusaugen!

BIGUGEGL - Bubbletea isch guet und git e gueti Luune

Hong Kong

Für Hong Kong gilt, dass man punkto Essen alles bekommen kann, wenn man nur danach sucht, und damit meine ich insbesondere auch internationale Küche. Von meiner Seite gibt es von dort keinerlei Experimente zu vermelden (den populären Reisbrei mit Fischkopf zum Frühstück habe ich ausgelassen), dafür habe ich mal wieder ein wenig gehobener geschlemmt (’sleep cheap + eat good‘ war das Motto, obwohl ’sleep cheap‘ eigentlich ein Oxymoron ist in Hong Kong).

Home far away from Home

Das 14-Gang Dinner war exquisit, die meisten der 3-gängigen Lunchspecials ebenfalls, nur das Racelette und das Schweinsmedaillon Façon Chasseur mit Spätzli und Pseudogemüse im Restaurant Swiss Chalet war leider etwas enttäuschend… Das Käseplättchen mit 7 verschiedenen Schweizer Hartkäsen und der echte Espresso mit Friandises und Cailler-Schöggeli zum Dessert waren allerdings köstlich.

Vietnam

Vietnam war das einzige Land, in welches ich mit einer kulinarischen Absichtserklärung einreiste. Dank tatkräftiger Unterstützung meiner vietnamesischen Arbeitskollegen in Ho Chi Minh City (Saigon) konnte ich diese auch bereits am dritten Tag meines Aufenthalts umsetzen. Gemeinsam besuchen wir ein Restaurant, in welchem ausschliesslich Hund serviert wird. Leider war’s nicht so gut, so dass die Hundegemeinschaft von meiner Seite her in Zukunft wohl eher nichts mehr befürchten muss. Ich bin aber überzeugt, dass es eher an der Zubereitung lag… als Pfeffer mit Spätzli und Rotkraut wäre so ein Köter sicher durchaus geniessbar! (So geht sogar Murmeli runter wie Öl)

Der Hund (geschnetzelt) und sein Herrchen

Katze gäb’s in Vietnam auch zu probieren, ebenso Ratte (aber ausdrücklich nur die glücklichen vom Land und niemals die dreckigen Stadtviecher, die man überall sieht), doch beides ging mir durch die Latten. Dafür hatte ich auf einer fantastischen Foodtour durch Saigon noch die Gelegenheit, Embryoeier zu probieren (gekochte Eier mit einem wenige Tage alten, kaum entwickelten Fötus drin) sowie Wachteln mitsamt Kopf zu verspeisen. Letzteres wurde mir von meiner äusserst charmanten Tourleiterin gleich vordemonstriert, so dass ich gar nicht anders konnte, als nachzuziehen…

Das ominöse Ei (mit Wachteln unten rechts)

Überall zu kaufen gibt es ausserdem den berühmt-berüchtigten Schlangenwein, der auch allen Chinareisenden ein Begriff sein dürfte. Dazu wird formalinmässig eine ganze Schlange in eine Flasche mit starkem Schnaps eingelegt, die zwecks erhöhter Dramatik oft auch noch einen grossen Skorpion im weit aufgerissenen Maul hält. Das Ganze soll hervorragend für die Libido sein, was ich allerdings nicht bestätigen kann (wobei ich zugegebenermassen auch keine Möglichkeit dazu hatte, meine Libido zu testen). Schmeckt schlussendlich nicht besser oder schlechter als ein Glas billiger alter Cognac mit einem Haufen toter Fliegen drin.

Thailand

Ich glaube, wie die meisten, dass die Thaiküche die Königin unter allen (asiatischen) Küchen ist. Doch die Thais können auch anders als ‚Pad Thai‘ und ‚Green Curry‘. Innereien sind sehr beliebt und im Norden, wohl durch die Nähe zu Laos bedingt, kommt durchaus auch mal ein Wurm oder eine Handvoll gerösteter Grillen auf den Teller. Was Insekten betrifft, so hat man bei diversen Strassenhändlern eine grosse Auswahl. Motiviert durch die guten Erfahrungen in Japan, habe mir mal ein Menu zusammengestellt (siehe Bild).

Menu Exotique (Buffet)

Fazit: Die Grillen sind gummig, die grosse Heuschrecke etwas unpraktisch zu essen und überhaupt, die japanischen Käfer haben um einiges besser geschmeckt. Die getrockneten Frösche waren aber okay.

Wer einsteckt sollte auch austeilen können: Thai-Kochkurs

Schlusswort

Inzwischen ernähre ich mich auf indisch. Das Essen hier ist gut, aber grösstenteils bekannt und nicht sehr ausgefallen. Meistens sind die Herausforderungen eher hygienischer denn kulinarischer Natur…

In diesem Sinne wünsche ich euch allen (und mir) weiterhin einen starken Magen und ‚E Guete!‘

Abwesenheitsnotiz

Es ist soweit! Wir sind unterwegs! Vor wenigen Minuten (11.37 Uhr) haben wir die Marina (18° 04.240 N, 63 °05.251 W) verlassen und segeln nun mit SE-Wind Richtung Ost, im Moment noch zwischen Anguilla und St. Martin, aber schon bald werden wir Kurs Nordost setzen, direkt auf die Azoren zu. Wenn alles super läuft, dann können wir bereits in 2 Wochen dort eintreffen. Wenn wir Flaute haben (und das ist anzunehmen, wegen stabiler Hochdruckgebiete weiter im Norden), dann dauert es wohl eher 3 Wochen bis wir ankommen. Bis dahin herrscht auf diesem Kanal Ruhe und der Schreiber dieser Zeilen ist nicht im geringsten erreichbar (in dringenden Fällen bitte das Sekretariat kontaktieren).

Boden

Hauptsache lange haltbar

Schrank

Hunger?

Das Boot ist randvoll gefüllt mit Zwieback, Pökelfleisch und Zitronen, wie in den guten alten Zeiten. Nun hoffen wir, dass der Skorbut keinen grossen Tribut fordert. Ha! Wer’s glaubt! Wir essen hier doch nicht wie die Klabautermänner. Neinneinnein. Der Einkaufszettel vom vergangenen Mittwoch listet für den bescheidenen Betrag von $793.60 unter anderem das folgende auf: 2kg Zwiebeln, 3kg Spaghetti und andere Pasta, Stocki und Reis, 15 Liter Milch, 36 Liter Wasser in Flaschen, Säfte, 6kg Äpfel und Birnen, 2.5kg Thon und Lachs in Dosen, Halbrahm, Mehl und Crème fraiche (wofür wohl?), 5kg Kartoffeln, ca. 5kg Büchsenmais, -erbsen und -rüebli, 3kg Fischfilets, 3kg Pouletbrust, Salami, 3 lt Rum aus Martinique plus eine Flasche Sirop de Canne und ein Kilo Limetten (für unzählige Ti-Punchs), Cola, Tee, Kaffee, Bouillon, Zucker, Salz, Pfeffer, Mayonnaise (nur aus Dijon, vergiss die amerikanische), Senf (dito), eingebüchste und frische Tomaten, Fertigsauce, einige Kilo Brot, ein kompletter Goudakäse für 2.5 kg, Fertigsuppen, Pommes Chips, frische Peperoni und Gurken, etc. etc., totalemente 3 Einkaufswagen voller Futter. Bon appetit!

Bitte drückt uns die Daumen, dass wir auf unserer 4000km langen Reise weder von Blitzen getroffen werden, noch auf einen schlafenden Wal auffahren. Wir würden auch gerne vermeiden, dass wir in einen verlorenen Container donnern, oder des Nachts von einem Frachter überfahren werden. Auch auf Seekrankheit oder andere Krankheiten können wir gut verzichten. Gerne dürft ihr uns guten Wind wünschen (möglichst nicht aus Osten), guten Fischfang, sonniges Wetter, gute Stimmung an Bord, sowie viele Wal- und Delfinsichtungen (nicht im schlafenden Zustand) und sternenklare Nächte.

See you on the other side!